Michael Gahler kommt

Europawahl-Kandidat im Fischbachtal

Am 25. Mai ist Europawahl.

Für uns ist seit 15 Jahren Michael Gahler im Europäischen Parlament.

Über seine Ziele und Erfahrungen spricht Gahler am 20. Mai bei der Fischbachtaler CDU

Treffpunkt ist um 19.00 Uhr im Gasthof Brunnenwirt - Zum Meenzer in Niedernhausen.
 Herr Gahler, Sie sind jetzt seit 15 Jahren im Europäischen Parlament – was hat sich in dieser Zeit verändert  - wie haben Sie sich verändert?

Abgesehen davon, dass ich 15 Jahre älter geworden bin, hoffe ich, dass ich mich als Person nicht verändert habe. Am Anfang habe ich alle Freunde, Parteifreunde, Verwandte und Bekannte aufgefordert, mir gleich Bescheid zu sagen, wenn sie das Gefühl hätten, das Mandat würde mich irgendwie charakterlich verändern. Diesbezüglich hatte ich aber glücklicherweise keine Rückmeldungen.

Das Parlament selbst hat sich stark verändert. Als ich anfing waren wir 15, jetzt sind wir 28 Mitgliedstaaten. Mit den früheren kommunistischen Staaten sind 2004, 2007 und 2013 politisch ganz anders sozialisierte Abgeordnete dazu gestoßen.

Und dann war die Kompetenz des EP mit dem 1. Mai 1999 erstmals stark erweitert worden Richtung „Mitentscheidung“ bei der Gesetzgebung mit dem Ministerrat. Das war der Vertrag von Amsterdam, dann kam Nizza und inzwischen geht durch „Lissabon“ in der Gesetzgebung und auch bei Verträgen mit Drittstaaten nichts mehr ohne oder gegen das Parlament. Mit der gestiegenen Verantwortung hat sich das Arbeitsvolumen stark erhöht, Entscheidungen in den Fraktionen, Ausschüssen und im Plenum sowie Verhandlungssituationen mit dem Rat fordern Abgeordnete und Mitarbeiter enorm.

Seit der letzten Wahl müssen Sie sich um „halb Hessen“ kümmern – bleibt dafür genügend Zeit, trotz 40 Sitzungswochen und Delegationsreisen inner- und außerhalb der EU?

Wer sich meldet und einen Termin will, bekommt auch einen. Wer nach Straßburg oder Brüssel zu Besuch kommen will, wird eingeladen. Wenn ich den Kontakt suche kommt der in aller Regel auch zustande. Und die Kommunikation via Telefon, Email, Brief und Facebook funktioniert auch. Wer Fragen hat, bekommt auch Antwort.

Finanzkrise, Kompetenzrangeleien – die Europäische Union wurde zuletzt bei den Bürgern nicht allzu positiv wahrgenommen. Wie bekommt die Politik die Menschen für den 25. Mai und darüber hinaus für das Projekt Europa begeistert?

Die politische Zusammensetzung dieses Parlaments wird darüber mitentscheiden, wie wir die Zukunft unseres gemeinsamen Kontinents und die Beziehungen nach außen gestalten werden. Seit 1999 sind die Christdemokraten stärkste Kraft im Parlament. Mit einer starken Vertretung aus Deutschland durch CDU und CSU tragen wir entscheidend dazu bei, dass es auch so bleibt.

Gerade das Europäische Parlament hat sich mit wachsenden Gesetzgebungskompetenzen als Bürgervertretung bewährt. In jüngster Zeit haben wir zum Beispiel frühzeitig auf Stellungnahmen aus den Stadtparlamenten und im Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden zu der „Wasserfrage“ bei der EU-Gesetzgebung zu Konzessionen reagiert. Am Ende wurde das Wasser gänzlich aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausgenommen.

"Abwehrkämpfe" führe ich gelegentlich im Verkehrsausschuss: Als christdemokratischer Berichterstatter für die Verordnung über "lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen" darf ich mit Genugtuung berichten, dass wir am 11. Februar im Verkehrsausschuss einen mit dem Ministerrat ausgehandelten Gesetzeskompromiss angenommen haben: Die Entscheidung,  etwa eine Nachtflugbeschränkung zu erlassen, bleibt bei den zuständigen hessischen Behörden. Die Kommission kann nichts verändern.

Es gibt immer wieder Überlegungen mit der Position des Kommissionspräsidenten noch einen Schritt weiter in Richtung Einführung der Direktwahl für Unionsbürger zu gehen. Können Sie sich ein solches Modell für die Zukunft, und sei sie noch so entfernt, vorstellen?

Ich finde den jetzigen Ansatz richtig, dass die politischen Familien auf europäischer Ebene einen Kandidaten für dieses Amt vorschlagen, der dann bei entsprechender Mehrheit im EP gewählt wird. Eine Direktwahl bringt nichts, auch auf nationaler Ebene wird ja kein Regierungschef direkt vom Volk gewählt, sondern von der entsprechenden Parlamentskammer.

In der CDU diskutieren wir oft über den Beitritt der Türkei, aber auch generell über die weitere Vergrößerung der EU. Die vergangenen Wochen haben uns gezeigt, dass in der Ukraine Menschen für den Beitritt ihres Landes in die Europäische Union demonstrieren, zum Teil mit dem Tode dafür bezahlen. Werden wir die Ukrainer in den nächsten Jahren als EU-Mitglied begrüßen dürfen?

Es ist richtig, weiterhin für die strenge Beachtung der bestehenden Beitrittskriterien einzutreten. Ich vertrete die bestehenden Beschlüsse, dass die Staaten des "Westlichen Balkans" weiterhin die Beitrittsperspektive behalten. Ich betrachte es mit Sorge, wie die Bürger- und Freiheitsrechte der Türkei beschnitten werden. Es ist fraglich, ob Ankara überhaupt noch ernsthaft zur EU beitreten möchte. Unsere grundsätzlich ablehnende Haltung in großen Teilen der CDU scheint sich zu bestätigen. Ich sehe gegenwärtig nicht, wann die Ukraine der EU betreten könnte. Politisch setze ich mich dafür ein, Kiew mit dem ausgehandelten Freihandels- und Assoziierungsabkommen eng an die EU zu binden.

Die Finanzkrise hat natürlich auch Einfluss auf alle Politikbereiche der EU. Wie sieht es da im Bereich der Bildung aus?

Zunächst muss klargestellt werden, dass Bildungspolitik keine Aufgabe der EU ist. Die EU bietet im Bildungsbereich grenzüberschreitende Programme zur Förderung des europäischen Gedankens und des Austauschs für Schüler, Studenten, Lehrer und Auszubildende an. "Erasmus" ist nur ein Stichwort für inzwischen Millionen junge Europäer, die an diesen Austausch teilgenommen haben. Darüber hinaus hat die EU der Jugendarbeitslosigkeit den Kampf angesagt. Es muss aber auch klar sein: In Ländern wie Spanien ist die Struktur der Ausbildung das Problem, nicht mangelnde Mittel.

Gerade Studenten und Auszubildende nehmen gerne die Programme der EU war, um sich ein Praktikum oder ein Auslandssemester ermöglichen zu können. Wie sieht die Zukunft dieser Programme aus?

Für die Zukunft ist es uns gelungen, das erfolgreiche Erasmusprogramm für Studenten auf weitere Bereiche auszuweiten.  Ab 2014 werden alle EU-Förderprogramme in diesen Bereichen unter einem Dach durchgeführt. Die Mittelausstattung  beträgt bis 2020 14,7 Milliarden Euro. Somit konnte eine Steigerung um etwa 40 Prozent erreicht werden.

Welche Rolle sehen Sie für das Europäische Parlament und sich selbst in der nächsten Legislaturperiode?

Ich möchte den europäischen Parlamentarismus weiter voranbringen. Meine Erfahrung zeigt, dass das Europaparlament als Bürgerkammer einerseits eine wichtige Kontrollfunktion wahrnimmt, um manche bürgerferne Vorschläge auf den richtigen Weg zu bringen. Beispiel: Einweg-Ölkännchen in Restaurants wird es nicht geben.

Andererseits hat sich das Parlament gegenüber dem Mitgesetzgeber, dem Ministerrat, als aktive Gestaltungskraft emanzipiert. Bei den Feuerwehren waren wir als Parlament besser  als die Bundesregierung: als es darum ging, die Euro 6-Norm für Nutzfahrzeuge verpflichtend zu machen, hatten wir schon dafür gesorgt, dass alle Rettungsfahrzeuge von der Anwendung ausgenommen waren. Und dann überrascht das Verkehrsministerium und bezieht im deutschen Umsetzungsgesetz die Rettungsfahrzeuge wieder in den Anwendungsbereich ein und überlässt den Bundesländern die Regelung. Kein Wunder, wenn dann Feuerwehren glauben, dass wären „die in Brüssel“ gewesen.